Kandidatur

7. Januar 2013

Wiederholt bin ich in den vergangenen Monaten darauf angesprochen worden: „Du kandidierst sicherlich auch für die Bundes- oder Landtagswahl!?“

Anfangs war ich überrascht, vor allem deshalb, weil es in aller Regel weniger nach einer Frage als nach einer Feststellung klang. Ich selbst war mir demgegenüber keineswegs so sicher wie der jeweils Fragende. Denn die Folgen einer ggf. sogar erfolgreichen Kandidatur mit Einzug in ein Parlament wären zweifelsohne weitreichend. Aber je öfter dies thematisiert wurde desto reizvoller wurde die Vorstellung, es wirklich zu tun. Und nachdem sogar ein „Mitbewerber“ einer anderen Partei auf der Silvesterfeier das Gespräch mit diesem Satz eröffnete, habe ich mich nun entschlossen: Ich kandidiere für einen Platz auf der Landesliste der hessischen Piraten für die kommende Landtagswahl.

Letztlich ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die Diskussionen, die seit Monaten um und über diverse Listenkandidaten auf allen Kanälen geführt werden. Dabei habe ich oft Krtitik an dem einen oder anderen Kandidaten lesen müssen, diese wiederholt gepaart mit der Feststellung des Kritikers, selbst nicht kandidieren zu wollen. Das hat mich jedes Mal verwundert, weil diese Haltung letztlich widersprüchlich ist. Oder, wie es ein Pirat auf der hessischen Mailingliste ausdrückte: „Wenn die Klügeren immer nachgeben, regieren am Ende die Dummen die Welt.“

Klarmachen zum Ändern!

2012 Jahresstatistik

31. Dezember 2012

Die WordPress.com-Statistik-Elfen fertigten einen Jahresbericht dieses Blogs für das Jahr 2012 an.

Hier ist ein Auszug:

600 Personen haben 2012 den Gipfel des Mount Everest erreicht. Dieser Blog hat 2012 über 3.100 Aufrufe bekommen. Hätte jede Person, die den Gipfel des Mount Everest erreicht hat, diesen Blog aufgerufen, würde es 5 Jahre dauern, um so viele Aufrufe zu erhalten.

Klicke hier um den vollständigen Bericht zu sehen.

Weihnachten statt Angst

25. Dezember 2012

„Bismarck hat seinerzeit ein Attentat auf Kaiser Wilhelm I. dazu benutzt, um den Liberalen in Deutschland den Garaus zu machen. Die Attentate islamistischer Fundamentalisten führen dazu, dass in der westlichen Welt dem freiheitlichen Rechtsstaat und der Liberalität der Garaus gemacht wird.“ Diesen bedenkenswerten Vergleich zog 2008 Heribert Prantl in seinem überaus lesenswerten Buch „Der Terrorist als Gesetzgeber – Wie man mit Angst Politik macht“. Und in der Tat ist seit mittlerweile mehr als zehn Jahren die innenpolitische Gesetzgebung nachgerade diktiert von Angst. In Bausch und Bogen werden bürgerrechtliche Ideale über Bord geworfen, allem voran die für einen freiheitlichen Rechtsstaat grundlegende Unschuldsvermutung, also die Grundregel, die besagt, dass jeder Mensch so lange als unschuldig zu gelten habe, wie nicht seine Schuld erwiesen ist.

Auf eine der jüngsten Aktivitäten der Ermittlungsbehörden auf dem Weg zum Überwachungsstaat hat uns vor etwas über einem Jahr der ChaosComputerClub (CCC) aufmerksam gemacht: Mithilfe von heimlich eingeschleusten Computerprogrammen spähen Polizei und Zoll offenbar recht umfangreich die Computer und dort stattfindenden Aktivitäten verdächtiger Nutzer aus. Wobei sie sich auch von einschränkenden Anordnungen von Gerichten nicht bremsen lassen. So hat in Bayern das dortige Landeskriminalamt (LKA) einen Trojaner eingesetzt, der neben der vom Richter angeordneten Quellen-TKÜ (also der Überwachung der Telefongespräche über das Internet via Skype) zumindest auch 60.000 Screenshots gefertigt hat, was die vorherige amtsgerichtliche Anordnung ausdrücklich ausgeschlossen hatte. Später hat auch das Landgericht diese Überwachungsmaßnahme als unzulässig bewertet. Was unseren Bundesinnenminister Friedrich zu der lapidaren Feststellung veranlasste, es handele sich dabei ja nur um die Rechtsauffassung des Landgerichts Landshut, wohingegen die für ihn maßgebliche Bayerische Staatsregierung diesen Trojaner und auch den weitgehenden Einsatz für rechtmäßig erachte.

Dass dies alles gleichwohl nicht so ganz einfach ist, zeigt die jüngste Äußerung des Generalbundesanwalts Harald Range: Seine Behörde werde den Staatstrojaner nicht einsetzen, weil er keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine sog. Quellen-TKÜ sehe. Hierzu beruft er sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur heimlichen Online-Durchsuchung, in der bereits 2008 einem solchen Einsatz sehr enge Grenzen gesetzt wurden. Zu enge Grenzen, wie Herr Range meint. Was nicht zuletzt deshalb bemerkenswert ist, als ausschließlich dessen Behörde, die Bundesanwaltschaft, zuständig für die Ermittlungen in Terrorverfahren ist. Gerade unter Verweis auf die angeblich ständige Gefahr, die der Bundesrepublik vor allem durch den islamistischen Terror drohe, wird aber für die Zulässigkeit solcher Ermittlungsmethoden geworben. Entgegen der öffentlichen politischen Meinungsmache kommt dieses Instrument also nur bei „allgemeiner“ Kriminalität zum Einsatz und gerade nicht gegen Terroristen.

„Was geht mich das an?“ fragen Sie. „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu fürchten!“

Ist das wirklich so? Haben wir denn wirklich nichts zu verbergen?

Seit vielen Jahren lesen wir regelmäßig die Klage der Finanzverwaltung, dass Steuerehrlichkeit für die meisten Menschen ein Fremdwort ist. Und Hand aufs Herz: Würden Sie die jetzt noch freie Hand für Ihre sämtlichen Steuererklärungen der vergangenen zehn Jahre ins Feuer legen?

Und schon betreten wir dünnes Eis. Denn die Gerichte, die den Einsatz von Staatstrojanern erlauben, stützen sie sich auf § 100a StPO, der die Zulässigkeit der klassischen TKÜ regelt und einen Katalog von Taten bestimmt, in denen diese Maßnahme erlaubte Ermittlungsmethode ist. Sie ahnen es bereits: Hierzu zählt auch der Verdacht der Steuerhinterziehung. Denn letztlich geht es bei Ermittlungen immer nur um den Verdacht, weil erst die Ermittlungen Gewissheit bringen sollen.

Aus Sicht der Steuerbehörden steht – wie dargelegt – letztlich jeder Steuerbürger im Verdacht, es mit der Wahrheit bei der Steuererklärung nicht ganz ernst zu nehmen. So dreht sich die Spirale von Angst und Misstrauen weiter – und schon erkennen wir: Jeder ist verdächtigt. Und schon sind die Türen unseres Computers mit sämtlichen dort lagernden Daten weit geöffnet für einen Spähangriff der Ermittlungsbehörden.

Genau davor soll uns aber die eingangs erwähnte Unschuldsvermutung bewahren. Denn sie gilt im freiheitlichen Rechtsstaat aus gutem Grund nicht nur für Menschen, die in das Visier von Ermittlungsbehörden gelangt sind sondern generell für alle Menschen. Sie will verhindern, dass wir alle verdächtig sind. Und definiert damit die freie Gesellschaft, in der der Staat den Menschen Vertrauen entgegenbringt, welches so lange und so weit Geltung beansprucht, wie nicht der begründete und konkrete Verdacht entsteht, dass jemand Regeln verletzt hat.

„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu fürchten!“ ist demgegenüber das Credo all derer, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, für mehr „Sicherheit“ zu sorgen – und dabei schleichend, Stück für Stück, den freiheitlichen Rechtsstaat hin zum Überwachungsstaat umbauen. Wer indes eingehend darüber nachdenkt wird feststellen: Diese Philosophie steht letztlich in diametralem Widerspruch zur eigentlich rechtsstaatlich-essentiellen Unschuldsvermutung. Nur der, der sich durch vermeintliche Redlichkeit „rechtfertigt“, hat nichts zu fürchten. Was gerade nicht bedeutet, dass er unbehelligt bliebe. Denn der Satz ist nichts anderes als Ausdruck tiefsten Misstrauens des Staates gegen jeden einzelnen seiner Bürger. Nicht zufällt eignete er sich ohne weiteres als Untertitel zu George Orwells Klassiker über den perfekten Überwachungsstaat: „1984 – Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu fürchten.“

Es ist daher höchste Zeit, die aufgezeigte Spirale von Angst, Misstrauen und Verdächtigung zu durchbrechen. Angst ist der denkbar schlechteste Ratgeber, weil sie regelmäßig irrational ist. Wir fürchten Terroristen und Überfälle, sterben aber mit weitaus höherer Zahl und damit auch Wahrscheinlichkeit an den Folgen des Rauchens und Verkehrsunfällen. Und schaffen durch Angst beraten all die Errungenschaft der Demokratie ab, auf die wir an sich völlig zu Recht stolz sein dürfen: den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat.
„Wer Freiheit abschafft, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!“ stellte schon Benjamin Franklin fest.

In diesem Sinne wünsche ich ein angstfreies, besinnliches und friedliches Weihnachten.

Respekt, Herr Range!

18. Dezember 2012

Vor mehr als einem Jahr hat der ChaosComputerClub (CCC) mit der Analyse einer Software für Aufsehen gesorgt und die Diskussion um den sog. „Staatstrojaner“ ausgelöst. Dabei geht es um ein Programm, das Ermittlungsbehörden auf den Rechnern von Beschuldigten installieren, um Internet-Telefonate bzw. Chatverkehr auch dann abhören zu können, wenn dies verschlüsselt erfolgt. Die Analyse des CCC indes kam zu dem Ergebnis, dass das Programm weitaus mehr könne und diese Möglichkeiten zumindest teilweise auch nutze. Hierzu hatte ich seinerzeit bereits etwas geschrieben.

Im Zuge dessen hatte der bayerische Landesverband der PIRATEN Strafanzeige erstattet, die jedoch nicht zur Einleitung von Ermittlungen führte, weil man dort keinerlei möglichen Straftaten erkannte. Auch unser hessischer Landesverband schaltete die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ein und erstattete Anzeige gegen den hessischen Ministerpräsidenten Bouffier, der seinerzeit als Innenminister für den Ankauf dieser Software zuständig war, sowie alle sonst involvierten Personen und Unternehmen.

Nun meldete sich zu diesem Thema auch der höchste Ankläger der Republik, Generalbundesanwalt Harald Range, zu Wort und verkündet Erstaunliches: Seine Behörde werde den Staatstrojaner nicht einsetzen, weil er keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine sog. Quellen-TKÜ sehe. Hierzu beruft er sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur heimlichen Online-Durchsuchung, in der einem solchen Einsatz sehr enge Grenzen gesetzt wurden. Zu enge Grenzen, wie Herr Range meint.

Das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen, weil die Bundesanwaltschaft definitionsgemäß nur bei bedeutsamen und schwersten Straftaten tätig wird, im Gegensatz zu den Staatsanwaltschaften und Zollbehörden, die bislang keine Bedenken gegen den Einsatz solcher Schnüffelprogramme bei Ermittlungen wegen deutlich weniger schweren Straftaten hatten.

Zum anderen, weil sich der Generalbundesanwalt damit in gleichermaßen deutlichen wie offenen Widerspruch zu seinem obersten Dienstherrn begibt. Bundesinnenminister Friedrich hatte sich bereits anlässlich des eingangs dargestellten Falles auf den Standpunkt gestellt, man könne durchaus anderer Auffassung als die Justiz sein, maßgeblich sei für ihn die Ansicht der bayerischen Staatsregierung.

Angesichts dessen nötigt mir Herrn Ranges Weigerung, Staatstrojaner einzusetzen, größten Respekt ab, hat er damit eindeutig seine rechtliche Überzeugung über die politische Agenda des Bundesinnenministers gestellt. Zugleich bringt er mit diesem Schritt aber auch die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte in Zugzwang, die nun ihre bisher doch sehr laxe Einstellung zu diesem Thema überdenken müssen. Und dann auch die Frage zu bewerten haben, wie ein Einsatz von Spähprogrammen nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zu sehen ist. Wer mit Generalbundesanwalt Range keine rechtliche Grundlage dafür sieht, muss dies konsequenter Weise als strafbare Handlung erkennen.

Übrigens haben auch die hessischen Piraten hierzu eine klare Position: Sie lehnen den Einsatz solcher Programme wegen der damit verbundenen verfassungsrechtlichen Bedenken grundsätzlich ab.

Seit Wochen läuft die Diskussion um den Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück und dessen Nebeneinkünfte. Diese wurden vor allem von schwarz-gelben Parteigängern zum Gegenstand teils wüster Angriffe gemacht. Der eine oder andere Beobachter wird sich dabei verwundert die Augen gerieben und gefragt haben, was um alles in der Welt gerade die Regierungskoalition dazu treibt, dieses Thema überhaupt aufzugreifen, stehen deren Mitglieder doch nicht gerade im Verdacht, um solche Einnahmemöglichkeiten einen Bogen zu machen. Dabei dürfte der Hintergrund ganz einfach sein: Die ganze Diskussion wird auf diese Weise gezielt auf einen Nebenkriegsschauplatz gelenkt, um vom wirklichen Problem abzulenken.

Zugegeben, es ist nicht gut, wenn die Menschen nicht wissen, von wem ihre Volksvertreter Geld bekommen und wie viel. Und ebenso selbstverständlich sind die aktuellen Regeln hierzu nicht ausreichend. Erkennbar ist das Stichwort „Transparenz“ spätestens seit dem Auftauchen der Piratenpartei fester Bestandteil des politischen Sprachschatzes geworden. Aber: Mit der Beschränkung der Diskussion auf diese Punkte hat es die Presse der Politik viel zu leicht gemacht, das eigentliche Problem gar nicht erst zur Sprache zu bringen, stattdessen zu zeigen: Wahlvolk dieses Landes, schaut auf dieses Parlament! Wir wollen das doch auch viel besser machen.

Viel wichtiger noch als die Forderung nach Transparenz ist indes die Frage, ob es überhaupt akzeptabel ist, wenn unsere Volksvertreter Nebenerwerben nachgehen. Mit der Beschränkung auf eine Transparenz-Debatte wird diese Grundsatzfrage nämlich nicht mehr gestellt sondern im Gegenteil dieser Umstand als unverrückbares Faktum vorausgesetzt. Das darf es aber gerade nicht werden.

In diesem Zusammenhang hochinteressant sind etwa die Erkenntnisse der Psychologie. Unter dem Stichwort „Reziprozität“ wird dort das Phänomen beschrieben, welches der Volksmund mit der Weisheit „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ umschreibt: Menschen neigen dazu, erwiesene Gefälligkeiten – gleich welcher Art und welchen Wertes – „vergelten“ zu wollen. Weil wir uns in der Schuld des „Wohltäters“ wähnen. Ein vermeintliches Geschenk wird so regelmäßig zur Verpflichtung. Sehr lehrreich hierzu finde ich beispielsweise „Die Psychologie des Überzeugens“ von Robert B. Cialdini, der diesem Phänomen ein großes Kapitel widmet.

Aber auch ohne die Lektüre solcher Bücher kennen wir alle den Effekt. Wie auch die Verkaufsbranche – Gratisbeigaben zur Kundenbindung und Imageaufbesserung sind dort an der Tagesordnung. Weil es funktioniert, auch wenn und trotzdem wir Kunden darum wissen. Weil wir unser Gehirn nicht so ohne weiteres selbst austricksen können.

Und das weiß – natürlich – auch die Lobbybranche.

Während meiner Schulzeit waren es nicht so sehr die Nebeneinkünfte von Politikern, die für Diskussionen sorgten. Die hatte damals noch niemand so recht auf dem Radar. Ganz im Gegenteil: Damals haben die Menschen über die hohen Diäten der Politiker geschimpft. Diese wiederum, so lehrte man uns in der Schule, müssten deshalb so hoch sein, damit Politiker nicht auf sonstige Einnahmen angewiesen seien. Auf diese Weise würde die sonst drohende Gefahr der Einflussnahme auf den Mandatsträger abgewendet.

Diese Überlegungen spielen heute bemerkenswerter Weise überhaupt keine Rolle mehr. Letztlich, das zeigt die aktuelle Diskussion, wird selbst die Höhe der Einnahmen nicht mehr ernsthaft problematisiert. Was ich bei einem Kanzlerkandidaten, der nur noch einen geringen Teil seines Jahreseinkommens mit seiner vermeintlichen Haupttätigkeit als Parlamentarier erzielt, gelinde gesagt bemerkenswert finde.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zur Auswirkung von „Geschenken“ fällt es schwer zu glauben, Herr Steinbrück sei künftig in der Lage, seinen bisherigen Auftraggebern noch neutral oder gar kritisch gegenüber zu treten. Auch wenn er sich damit rechtfertigt, niemandem nach dem Mund geredet sondern oftmals in seinen Reden sogar Sachen gesagt zu haben, die die Veranstalter nicht hören wollten: Es geht ja gerade nicht darum, was er in seinen Reden gesagt hat, sondern darum, wie sich die erhaltenen Zahlungen auf sein Verhalten auswirken werden. Umso mehr, als diese oft genug in keinem realistischen Verhältnis mehr zu seiner Vortragsleistung gestanden haben. Dies macht deutlich, dass für die Veranstalter die Zahlungen letztlich Investitionen in die Zukunft waren, in eine Zeit, da Herr Steinbrück Kanzler oder (wieder) Minister sein wird. Dann wird das Verständnis für die Interessen der Unternehmen und Institutionen, bei denen er für gutes Geld reden durfte, das künftige Verhältnis bestimmen.

Daran ändert auch nichts, dass die Zahlungen vordergründig keine Geschenke waren sondern eine Gegenleistung für die gehaltenen Reden. Denn die Zahlungen waren derart üppig, dass sie die Gegenleistung weit überwogen haben. Wer schon einmal mit dem Finanzamt über „verdeckte Schenkungen“ diskutieren durfte, weiß was ich meine. Nicht selten hat Herr Steinbrück für eine einzige vielleicht zweistündige Rede mehr bekommen, als er mit seinem Hauptberuf Bundestagsabgeordneter in zwei Monaten eingenommen hat. Selbst wenn man eine Vorbereitungszeit von 10 Stunden bei nur einer 40-Stunden-Woche annimmt, ergibt sich ein überaus schiefes Verhältnis.

Wer wird einem solchen Politiker also zukünftig wohl näher stehen, die Menschen oder seine „Gönner“? Wie wird er widerstreitende Interessen wohl abwägen, wenn er als Vertreter des Volkes Entscheidungen treffen soll, die den Interessen derjenigen entgegenstehen, die ihn für eine einzige Rede derart fürstlich entlohnt haben?

Das Risiko erscheint mir zu hoch, als dass wir mit einer solchen Nebenverdienst-Praxis einfach so weitermachen sollten. Nicht nur im Fall Steinbrück. Grundsätzlich.

Was die wirklich relevante Frage aufwirft: Wollen wir vergütete Nebenbeschäftigungen von Abgeordneten weiter unbeschränkt zulassen und uns nurmehr darum streiten, wie „transparent“ diese offengelegt werden? Ich meine, hier muss ein grundsätzlicher Riegel vorgeschoben werden. Weil wir hier eine indirekte Abgeordnetenbestechung etablieren, die sich auch mit der dringend erforderlichen, UN-gerechten Erweiterung des § 108e StGB nie werden fassen lassen.

Am vergangenen Sonntag waren die Hanauer Bürger zu einem Bürgerentscheid aufgerufen. Die Bürgerinitiative „Kein Wortbruch in Hanau“ hatte den recht beschwerlichen Weg über ein Bürgerbegehren geschafft, so dass alle Wahlberechtigten in Hanau aufgerufen waren, darüber abzustimmen, ob die Hauptsatzung der Stadt dahin abgeändert wird, dass zukünftig nur noch drei statt wie bisher vier hauptamtliche (und damit bezahlte) Stadtratsposten möglich sein sollten.

Die von Daniel Best gegründete Bürgerinitiative erhielt Unterstützung durch die Hanauer CDU, die LINKE sowie die Alternative Fraktion. Auch die Kinizgpiraten unterstützten das Vorhaben, die Bürger entscheiden zu lassen, ohne jedoch in der Sache selbst Position zu beziehen. Ihnen gegenüber stand das Hanauer Regierungsbündnis aus SPD, Grüne, FDP und BfH.

Das Ergebnis der Abstimmung: 12.949 Bürger (90,75%) stimmten für die Beschränkung auf drei Stadträte, nur 1.320 (9,25%) stimmten für die Beibehalten des Status Quo. Insgesamt beteiligten sich also 14.269 Hanauer an der Abstimmung. Dies entspricht 23,12% der Wahlberechtigten.

Und genau in diesen 23.12% liegt nun aber die Crux der ganzen Veranstaltung, genauer: an den 1.161 (1,88%) Wahlberechtigten, die zum Erreichen des Quorums von 25% notwendig wären. Denn zum Erfolg eines solchen Bürgerbegehrens braucht es die Beteiligung von 25% der Wahlberechtigten. Gehen weniger als diese 25% zur Abstimmung, gilt der Bürgerentscheid ungeachtet des Ergebnisses als gescheitert.

So trotz des eindeutigen Votums auch hier.

Nun gut, mag man meinen, so sind nun einmal die Regeln und das Quorum dient letztlich dem Zweck, dass sich eine Regierung nur mit Fragen auseinandersetzen muss, wenn es eine hinreichende Anzahl von Wählern begehrt. So gesehen klingt ein Quorum von 25% Abstimmungsbeteiligung eigentlich vernünftig.

Dem lässt sich allerdings entgegenhalten, dass es derartige Einschränkungen bei Wahlen überhaupt nicht gibt. Zwar kennt man – auf Landes- und Bundesebene – die Fünfprozenthürde. Die jedoch orientiert sich nicht etwa an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten sondern an der Zahl der tatsächlich abgegebenen Stimmen. Bekanntlich sind gerade Kommunalwahlen aber von  eher geringer Wahlbeteiligung geprägt. In Hanau etwa haben an der letzten Kommunalwahl gerade einmal 37,4% der Wahlberechtigten teilgenommen.

Wer ein gutes Gespür für Zahlen hat, dem wird jetzt schon dämmern: Da gibt es eine deutliche Schieflage im System. Wahlergebnisse werden im Verhältnis der abgegebenen Stimmen ermittelt, wenn aber der Bürger direkt etwas durchsetzen will, dient die Anzahl aller Wahlberechtigten als Referenzgröße.

Was dies praktisch bedeutet lässt sich anschaulich machen, wenn man das Kommunalwahlergebnis wie einen Bürgerentscheid ausgehend von den Wahlberechtigten berechnet, statt wie sonst üblich ausgehend von der Zahl derjenigen, die tatsächlich gewählt haben. So lässt sich dann ein direkter Vergleich zu dem Ergebnis des Bürgerentscheids ziehen. Nehmen wir also die Zahlen aus der letzten Kommunalwahl des in Hanau regierenden „Kleeblattes“ aus SPD, Grüne, BfH und FDP:

SPD: 36,5%
Grüne: 15,2%
BfH: 7,1%
FDP: 4,7%

Wie gesagt: Das sind die Anteile der Parteien an den tatsächlich abgegebenen Stimmen. Dies waren aber nur 37,4% aller Wahlberechtigten. Umgerechnet auf alle Wahlberechtigten sieht es dann so aus:

SPD: 13,651%
Grüne: 5,6848%
BfH: 2,6554%
FDP: 1,7578%

Als Bürgerbegehren hätte demnach nicht eine der in der Hanauer Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien das notwendige Quorum erreicht. Oder anders herum gerechnet: Beim Bürgerbegehren haben 20,98% der Wahlberechtigten für die Änderung der Hauptsatzung gestimmt. Das sind erkennbar nur unwesentlich weniger als  SPD, Grüne und FDP zusammen bei der letzten Kommunalwahl auf sich vereinen konnten. Im Verhältnis zur Wahlbeteiligung bei der letzten Kommunalwahl würden also die 12.949 Bürger eine absolute Mehrheit von 56,01% darstellen.

Trotz dieses Ergebnisses bleibt der Bürgerwille ungehört. OB Kaminsky verweist darauf, dass der Bürgerentscheid nach den Vorgaben der Hessischen Gemeindeordnung gescheitert sei „und wir insofern ein klares Ergebnis haben, das alle akzeptieren müssen.“

Das allerdings ist Ansichtssache. Richtig ist, dass ein erfolgreicher Bürgerentscheid verbindlich gewesen wäre. Das heißt aber nicht, dass die Verantwortlichen in Hanau den eindeutigen Bürgerwillen wegen des verfehlten Quorums nun ignorieren müssen. Politischer und moralischer Anstand würden es in einer Demokratie wohl eher gebieten, den Volkeswillen zu respektieren. Stattdessen scheint sich aber die „kratia“ längst vom „demos“ emanzipiert zu haben und lässt sich von diesem nur ungern hineinreden.

Was lernen wir daraus?

Für mich steht fest: Die gesetzlichen Regelungen zum Bürgerentscheid sind letztlich undemokratisch. Sie errichten Hürden, deren Höhe in keinem Verhältnis zu denen stehen, wie sie sich Parteien bei Wahlen stellen. Und sie eröffnen Manipulationsmöglichkeiten, die im negativen Sinne atemberaubend sind.

Im aktuellen Beispiel ist der Bürgerentscheid gerade nicht daran gescheitert, dass nicht genug Wähler für ihn gestimmt haben. Widersinnigerweise ist der Entscheid deshalb nicht erfolgreich gewesen, weil nicht genug dagegen gestimmt haben. Hätten nämlich die fehlenden 1.161 Bürger den Weg zur Urne gefunden, aber allesamt das „Nein“ angekreuzt, wäre zwar die Zustimmungsquote von rund 91% auf ca. 80% gesunken. Aber das Quorum wäre erreicht  und der Bürgerentscheid erfolgreich gewesen.

Wer im konkreten Fall also ein Scheitern des Bürgerentscheides erreichen wollte, konnte dies am effektivsten damit tun, dass er nicht mit abstimmte. Weil es eben nicht darauf ankommt, dass eine gewisse Anzahl für das Begehren stimmt, sondern darauf, dass eine gewisse Anzahl der Wähler überhaupt teilnimmt. Dies eröffnet naheliegend demokratiefeindlichen Methoden Tür und Tor. In jedem Fall aber führt eine solche Regelung, wie jetzt gesehen, zu demokratisch zweifelhaften Ergebnissen.

Hier besteht erkennber dringender Bedarf nach besseren Regelungen, die die Bürgerbeteiligung heraus aus Sonntagsreden der Politiker hinein in den demokratischen Alltag bringen.

Ich stelle mir vor: Bürgerentscheide benötigten eine Zustimmung der Mehrheit der Abstimmenden, in jedem Fall aber von mehr als der Hälfte der Wahlberechtigten, die bei der letzten Wahl auf der betroffenen Ebene gewählt haben. Im konkreten Fall: Nachdem bei der letzten Kommunalwahl 37,4% der Wahlberechtigten teilgenommen haben, bräuchte ein Bürgerentscheid mehrheitlich Zustimmung, dabei mindestens von 18,7% der Wahlberechtigten. Damit stünde ein Bürgerentscheid in unmittelbarem Bezug zum jeweils aktuellen Parlament und zur Wahlbeteiligung, die dieses gebildet hat.

In diesem Sinn: Klarmachen zum Ändern!

Systemfrage

3. Juli 2012

Als ich im Herbst 2009 Mitglied der Piratenpartei wurde, waren es ihre zentralen Forderungen, die mich derart begeisterten, dass ich mich nicht zur zum Beitritt entschloss, sondern entschied, mich aktiv einzubringen. Es war die Idee, die hinter den Slogans „Transparenter Staat statt gläserner Bürger!“, „Freiheit ist nicht nur eine Randnotiz!“ stand, vor allem aber das Ziel, Politik aus den Hinterzimmern zu holen und für alle begreifbar, mitmachbar zu gestalten, das mich überzeugte.

Gerade mit dem letztgenannten Punkt haben die Piraten nicht weniger als die Systemfrage gestellt. Diese Forderung stellt keinen „Programmpunkt“ dar wie die vielen zunächst ähnlich klingenden Bekenntnissen der Altparteien zur „Demokratie“. Es geht dabei nicht darum, eine bislang vakante Position im politischen Spektrum zu besetzen. Das Ziel ist vor allem Anderen, ein völlig neues System der Politik einzufordern, das wir als Politik 2.0 bezeichnen: Ein von Grund auf neu aufgesetztes politisches Betriebssystem, das darauf ausgerichtet ist, die Menschen jederzeit aktiv einzubinden in den Prozesse der Meinungsfindung und in die anschließende Entscheidung.

Die Mitgliederentwicklung der folgenden Monate zeigte, dass ich bei weitem nicht der einzige war, den diese Idee begeisterte. Und auch die Kommunalwahlen, bei denen wir zwei Sitze im Kreistag erringen konnten, machten klar, dass wir uns auf einem richtigen Weg befanden. Auch auf Infoständen und in vielen Gesprächen erlebte ich, wie die Idee einer transparenten Politik mit der Möglichkeit zur Teilhabe Aller die Menschen faszinierte. Zwar hörte man oft: „Das schafft ihr doch nicht, das werden die schon zu verhindern wissen!“ Begleitet war diese Aussage dabei fast immer mit resigniertem Unterton. Niemanden habe ich allerdings erlebt, dem die Vorstellung einer solchen „Basis-Politik“ an sich nicht gut gefallen hätte.

Heute, etwa eineinhalb Jahre nach den Wahlen zum Kreistag, sitzen Piratenfraktionen in vier Landtagen. „Protestwähler“ – so versuchten nach jeder Wahl die Analysten der Staatsmedien die Wahlergebnisse zu erklären. Was natürlich dem Grunde nach zutreffend ist, geht man davon aus, dass jede Wahl einer Partei zugleich eine Art „Protest“ gegen die anderen Parteien darstellt. Was aber immer noch nicht klar macht, warum all diese „Protestwähler“ – darunter ja ein Gutteil vormaliger Nichtwähler – ausgerechnet Piraten gewählt haben. Wogegen richtete sich der „Protest“? Anders gefragt: Was unterscheidet die Piraten so markant von den übrigen Parteien, dass sie so viele Menschen dazu bewegen konnten, das Kreuz bei ihnen zu setzen.

„Piraten sind neu und gelten als unverbraucht“, hörte man dazu. Stimmt. Aber müsste dann nicht bei jeder Wahl eine neue, zumindest aber bislang nicht bekannte Partei Wahlerfolge erzielen? Es muss also zumindest auch andere Gründe für die Wahlerfolge geben.

Hinweise erhalten wir, wenn wir uns anschauen, was sich bei den Altparteien seit den Wahlerfolgen der Piraten so tut. Schließlich sitzen dort zumeist gut bezahlte Analysten und Strategen, die die Parteien auf Entwicklungen vorbereiten und einstellen sollen.

Die SPD im Main-Kinzig-Kreis hat beispielsweise vor wenigen Wochen die erste Kreismitgliederversammlung abgehalten – ganz ohne Delegierte. Gerade erst las ich, dass die CDU darüber nachdenkt, unser Meinungsbildungstool „Liquid Feedback“ einzusetzen, das den Parteigranden ein möglichst zeitnahes Meinungsbild der Parteibasis aufzeigen soll. Die Grünen verkünden seit Monaten unentwegt, sie seien die eigentlichen Erfinder von Basisdemokratie und Netzpolitik und Frau Leutheuser-Schnarrenberger von der FDP hält verzweifelt den letzten Zipfel liberaler Bürgerrechtspolitik in der FDP aufrecht. Keiner von ihnen schafft noch eine Rede, die nicht von Transparenz und Bürgerbeteiligung handelt. Wohin man auch schaut, mit den Wahlerfolgen der Piraten beginnen die Altparteien, zumindest die Schlagworte, unter denen wir schon 2009 segelten, zu besetzen. Offensichtlich in der Hoffnung, ein wenig von dem Wind abzubekommen, der unser Schiff vor sich her jagt.

Zugleich lassen sie aber keine – zunehmend peinlicher werdende – Gelegenheit aus, Piraten ob ihres vermeintlich fehlenden Programms zu geißeln: Wo ist die Position zum ESM? Wie ist die Finanzkrise zu lösen? Wie sollen die ach so utopischen Ideen finanziert werden?

Und die Strategie der Altparteien scheint aufzugehen. Immer häufiger entwickeln Piraten hektische Betriebsamkeit im Bemühen, auf immer mehr Bundes- und Landesparteitagen (Hessen plant für 2012 sage und schreibe drei davon!) Antworten zu möglichst allen Fragen des Lebens zu finden und Parteiprogramm werden zu lassen. Auf dem ersten hessischen Landesparteitag 2011 wurde so unter anderem über Fragen der Asyl- und Migrationspolitik, des Staatsangehörigkeitsrechts, der Suchtpolitik, des Tierschutzes, der Trennung von Staat und Kirche und natürlich auch zum ESM diskutiert und abgestimmt. Nahezu den gesamten Sonntag nahmen Detailfragen eines Bildungsprogramms in Anspruch.

Seither beschleicht mich das ungute Gefühl, dass wir damit der Taktik der Altparteien zum Opfer gefallen sind. Beginnen wir mit solchen Diskussionen um „klassische Programmpolitik“ nicht letztlich, uns in die Reihe der Altparteien einzuordnen? Dabei soll nicht die Wichtigkeit und Bedeutung von den oben exemplarisch ausgewählten Themenbereichen in Frage gestellt werden; genauso gut hätten wir über Detailfragen zu andere Themen diskutieren und abstimmen können.

Allerdings frage ich mich, ob es das ist, was uns Piraten ausmacht, worin wir uns von den Altparteien unterscheiden. Stehen Piraten für eine weitere Variante der Bildungs-/Drogen-/Tierschutz-/Ausländerpolitik*? Müssen Piraten für die kommenden Wahlen zu jeder denkbaren und diskutierten Frage Antworten entwickeln und den Wählern anbieten?

In Berlin warben Piraten unter anderem mit dem Slogan: „Wir sind die mit den Fragen“ und zogen als erster Landesverband ins Parlament. Nicht dass ich glaube, das allein habe den Ausschlag für die Entscheidung der Wähler gegeben. Aber die damit getroffene Grundaussage steht meines Erachtens in deutlichem Widerspruch zu dem jetzt an den Tag gelegten Bemühen aller Landesverbände, immer mehr Programmdetails für möglichst alle Lebensbereiche zu schaffen.

Meiner Überzeugung nach stehen Piraten jedoch nicht für ein anderes Bildungs-/Drogen-/Ausländerprogramm*, Piraten stehen für ein anderes politisches, ein demokratischeres System. Wir wollen politische Vorgänge, beginnend mit der grundsätzlichen Diskussionen bis hin zur Entscheidung, aus den geschlossenen Zirkeln, aus den Hinterzimmern der etablierten Parteien heraus ans Tageslicht holen. Wir wollen sämtliche Vorgänge für die Menschen nachvollziehbar und erkennbar machen. Nicht nur, um der Politik das Vertrauen der Menschen zurückzugeben. Wir wollen vor allem, dass alle Bürger eine reelle Möglichkeit bekommen, an den politischen Entscheidungen teilzunehmen. Das erfordert größtmögliche Transparenz im politischen Alltag, da Entscheidungen nur dann sinnvoll möglich sind, wenn alle relevanten Informationen auf dem Tisch liegen. Piraten wollen mehr Demokratie, nicht nur in Sonntagsreden, sondern in der alltäglichen Praxis.

Wie aber können wir die Entscheidung des Bürgers fordern, wenn wir parallel dazu übergehen, zu möglichst jeder Lebenslage die Antwort bereits vorzugeben? Widerspricht ein solches Vorgehen nicht der Idee der Bürgerbeteiligung? Warum müssen Piraten zu allen möglichen Fragen ein Programm haben, wenn wir dem Grunde nach doch möchten, dass diese Frage von den Menschen in Deutschland selbst entschieden wird? Ist es nicht gerade wesentlicher Teil des von uns eigentlich als falsch erkannten tradierten Politiksystems, Programme zu haben, die Antworten auf alle Fragen geben? Ist so ein Programm denn etwas anderes als ein Versprechen an den Wähler, was man für den Fall der Wahl umsetzen möchte? Erkennt man damit aber nicht gerade ein System an, bei dem ausschließlich die einmal gewählten Abgeordneten für den Rest der Legislaturperiode auf Basis ihres Programms (bzw. das, was nach Koalitionsverhandlungen daraus wird) Politik gestalten? Wo bleibt da noch Raum für eine Bürgerbeteiligung?

Stellen wir auf diese Weise weiterhin das System in Frage oder haben wir so nicht bereits aufgegeben und uns letztlich dem bestehenden Politikmodell untergeordnet? Sind wir damit nicht schon in die Falle der etablierten Parteien getappt, die uns durch permanente Konfrontation mit einem angeblichen fehlenden Programm dazu zwingen wollen, statt weiter nach Wegen zu einem demokratischeren System zu suchen, unsere Zeit damit zu verschwenden, über Programmpunkte nachzudenken, die letztlich – unabhängig vom Thema – sinnfrei sind? Sinnfrei, weil wir in nächster Zeit sicherlich nicht in die Position kommen werden, Programmdetails umzusetzen. Sinnfrei, weil Programmdetails aufgrund sich rasch verändernder Verhältnisse ohnehin oft nicht umsetzbar sind. Sinnfrei, weil wir mit einer Umsetzung die Idee der Bürgerbeteiligung aufgeben würden. Sinnfrei, weil wir statt Fragen zu stellen nur noch Antworten geben und somit Piraten zum integralen Bestandteil der etablierten Parteienlandschaft werden.

Was abschließend die Frage aufwirft: Braucht es für ein weiteres politisches „Vollprogramm“ die Piratenpartei?

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*Nichtzutreffendes streichen

Unsere leider nicht veröffentlichte Pressemitteilung:

Die AG Justizpolitik der Piratenpartei setzte Arbeit im Rahmen der dritten Justizkonferenz in Neumünster fort!

Im Vorfeld des vergangenen Bundesparteitages in Neumünster hat die AG Justizpolitik der Piratenpartei Deutschland am 27. April 2012 ihre Arbeit fortgesetzt. Der AG Justizpolitik gehören zahlreiche interessierte Rechtskundige an, die ihr Fachwissen in die rechtspolitische Diskussion einbringen – die Arbeitsgemeinschaft führt regelmäßig Veranstaltungen zur rechtspolitischen Diskussion durch und erarbeitet Vorschläge für das Parteiprogramm. »Themenschwerpunkt dieser Justizkonferenz war die Reform des Strafrechts. Die intensiven Diskussionen zur Verbesserung des strafprozessualen Zwischenverfahrens sollen aber auch zukünftig bei weiteren Veranstaltungen fortgesetzt werden«, erklärt Emanuel Schach, Koordinator der AG Justizpolitik und Fachanwalt für Strafrecht.

Die Justizkonferenz in Neumünster verständigte sich unter anderem darauf, dass die Weisungsbindung der Staatsanwaltschaften aufzuheben sei und die Staatsanwaltschaften zu unabhängigen Behörden werden sollen. Außerdem sei die Position des Ermittlungsrichters zu stärken und die den Richtern vorbehaltenen Beschlüsse sollten sorgfältiger begründet werden. Vor einer Berufung zum Richter müsse darüber hinaus eine berufspraktische juristische Tätigkeit in einem verwandten Fachbereich nachgewiesen werden – und auch nach Berufung müssen Richter zur Fortbildung verpflichtet werden.

Im weiteren Verlauf der Justizkonferenz hat die AG Justizpolitik ihren Standpunkt bekräftigt, dass der Verfassungsschutz überflüssig ist und dessen Aufgaben durch die Staatsschutzabteilung der Landeskriminalämter übernommen werden können.

Die in Neumünster entwickelten Standpunkte der AG Justizpolitik sollen mittelfristig in Anträgen für das Grundsatz- und Wahlprogramm der Piratenpartei Deutschland münden.

Die SPD Mörfelden-Walldorf hatte ihn auf ihrer Homepage stehen, allerdings nur so lange, bis er die Aufmerksamkeit der „Netzgemeinde“ auf sich gezogen hatte: Einen Argumentationsleitfaden mit den Titel „Das Urheberrecht: Eine Handreichung gegen die Argumente der Piraten“.

Zunächst ist es ja schon mal erfreulich, dass man uns, entgegen der öffentlichen Darstellungen, offenbar intern doch zugesteht, Inhalte und sogar Argumente zu haben. Dass sich zudem zwei SPD-Parteivorstände bemühen, zeigt, dass man das obendrein ernst nimmt.

Warum aber, so ist man zu fragen versucht, wird dieser Leitfaden dann von der Internetseite genommen, nachdem er entdeckt wurde? Wäre das nicht ein guter Einstieg in eine öffentliche Diskussion gewesen? Hätte man so nicht allen zeigen können, warum die Position der Piraten inakzeptabel sein soll?

Wenn man den Leitfaden allerdings liest (der geleakt wurde und hier einsehbar ist), versteht man recht schnell, warum der ganze Vorgang den Genossen scheinbar unangenehm ist. Schauen wir ihn uns also einmal genauer an:

„Die Unterscheidung der Piraten zwischen „guten Künstlern“ und bösen „Konzernen“ ist eine interessante Form der Doppelmoral: Das von den Piraten geforderte kostenfreie Runterladen von Daten nützt nämlich nur den milliardenschweren Monopolisten Google, Apple und Microsoft (die etwa über Youtube Filme anbieten).“

Liebe SPD, auch wenn Ihr es Euren Mitgliedern und der Presse noch so oft vorsagt: Piraten fordern nicht das kostenfreie Herunterladen von Daten. Wer sich die Mühe macht und die Position der Piraten  nachliest, wird feststellen, dass diese zwar das nicht-kommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur legalisieren, sondern explizit fördern will, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern. Allerdings bedeutet „Freiheit“ nicht „Kostenfreiheit“, auch wenn das in Zeiten eines neoliberalen Weltbildes gerne gleichgesetzt wird. Denn zugleich erkennen Piraten die Persönlichkeitsrechte der Urheber an ihrem Werk in vollem Umfang an und suchen einen fairen Ausgleich zwischen den Ansprüchen der Urheber und den Interessen der Öffentlichkeit.

„Führende Piraten sind doppelzüngig: Viele von ihnen arbeiten selbst etwa in der Software Branche und produzieren Apps für Smart phones oder andere Software: Diese Piraten wollen natürlich, dass die Nutzer dafür zahlen.“

Da keine Piratenforderung nach „kostenlosem Herunterladen“ existiert, läuft dieses Argument des Leitfadens ohnehin ins Leere. Zudem gewährleistet schon das bestehende Gesetz einem Urheber keinesfalls sichere Einkünfte durch seine Werke. Es führt in erster Linie dazu, die Rechte von Verwertungsgesellschaften an den Werken zu stärken, die, bis auf vergleichsweise wenige Ausnahmen, neben allerlei sinnlosen Restriktionen bestenfalls mit Kleinstbeträgen abgegolten werden. In der Musikbranche beispielsweise landen  in aller Regel „satte“ 4% der Verkaufseinnahmen beim Autor selbst. Konkret bedeutet das: Wenn ich die derzeit üblichen € 16,90 für eine CD bezahle, klingelt beim Songwriter „kräftig“ die Kasse: Fast 68 Cent kommen bei ihm an. Geht man von 12 Titeln pro Album aus, sind das also nicht einmal 6 Cent pro Song.

Nicht besser sieht es im literarischen Bereich aus. Erst kürzlich wurde bekannt, wie Journalisten etwa beim Handelsblatt für ihre Werke bezahlt werden: Der Verlag verlangt die Abtretung aller Verwertungsrechte des Autors unter Ausschluss einer Vergütung für die Folgeverwertung. Auf gut Deutsch: Der Journalist verkauft gegen oft geringe Vergütung seinen Artikel zwecks Veröffentlichung an den Verlag und tritt zugleich sämtliche Verwertungsrechte an diesen ab. Verwertet der Verlag diesen Artikel später noch einmal, indem er ihn  z. B. weiterverkauft, streicht dieses Geld ausschließlich der Verlag ein, ohne den Autor/Urheber an diesen weiteren Einnahmen zu beteiligen. Auch die Einnahmen durch die Werbung, die die großen Zeitungen über ihre Online-Angebote generieren und die ohne die Content bildenden Artikel nicht geschaltet werden würde, bleiben natürlich beim Verlag.

„Die Piraten haben keinen Sinn für die vielen kleinen Künstler: Sie argumentieren, wenn die Künstler gut seien, dann könnten sie trotz kostenfreien Herunterladens von Daten über Internet-Werbung verdienen. Davon profitieren aber nur wenigen, den 5-10% bereits bekannten und berühmten Künstlern.“

Wie schon zuvor festgestellt: Hier wird eine Scheinargumentation geführt, indem den Piraten Forderungen in den Mund gelegt werden, die sie nie geäußert haben. Richtig ist zweifelsohne, dass infolge der Digitalisierung gerade im Bereich der Literatur und Musik Vertrieb nicht mehr über große Konzerne erfolgen muss. Immer mehr Künstler verbreiten ihre Werke via Internet selbst und machen von dieser Möglichkeit auch zunehmend Gebrauch.

Machen wir stattdessen die argumentative Gegenprobe: Wie viele der 90-95% nicht so bekannten und berühmten Künstler profitieren vom derzeitigen System? Ausgehend von der oben aufgestellten Berechnung können wir uns leicht ausrechnen, wie reich derjenige wird, der einen Tophit schreibt, der sich sagen wir 2 Millionen Mal verkauft. Und ganz am Rande bemerkt: Erfolg ist auch im derzeitigen System notwendig, um von seinen Leistungen leben zu können. Nicht nur im Bereich des Urheberrechts.

„„Geiz ist geil“ hat die Gesellschaft ungerechter und kaputt gemacht. Die Piraten wollen mit diesem zerstörerischen Prinzip auch noch die Kunst beschädigen.“

Was der Werbeslogan einer Elektronikkette mit der urheberrechtlichen Diskussion zu tun hat, wird wohl das Geheimnis der SPD bleiben. Aber auch allgemein verstehe ich diesen Vorwurf nicht. Piraten fordern einen gerechten Ausgleich zwischen Urheber und Öffentlichkeit. Was die SPD offenbar als gerecht erachtet, habe ich bereits gezeigt.

„Das Gerede von der „bösen Gema“ und anderen Verwertern ist falsch: Diese nutzen eben nicht nur den berühmten Künstlern, sondern gerade all denen, die nur knapp davon leben können (zusammen mit der Künstlersozialkasse). Künstlerische Qualität, Nachwuchsförderung, Vermarktung braucht eben Verlage, Plattenlabels, Galeristen, VG-Wort und Bild usw..“

Die GEMA ist kein Verwerter. Abgesehen davon ist es ein Märchen, dass diese gerade den weniger bekannten Künstlern helfen würde. Bekanntlich zahlt die GEMA entsprechend des sogenannten „Airplays“. Nur wer gespielt wird, erhält also Geld. Diese Regelung nutzt also vorrangig den ohnehin Erfolgreichen. Und wie war das noch gleich? „Davon profitieren aber nur wenigen, den 5-10% bereits bekannten und berühmten Künstlern.“ Siehe oben, SPD-Leitfaden, Punkt 3.

Wie sieht es mit demgegenüber mit der Nachwuchsförderung im künstlerischen Bereich tatsächlich aus? Die GEMA ist beispielsweise dazu übergegangen, die Urheber am wirtschaftlichen Risiko von Veranstaltungen zu beteiligen  und zahlt nur noch einen Anteil von ganzen 6% der Einnahmen aus den Eintrittsgeldern. Ich kann mir nicht helfen, gerade die „kleinen“ Künstler ohne Massenpublikum scheinen mir da nicht wirklich Profiteure zu sein.

„Die Piraten behaupten, es sei Demokratie, wenn jeder gleichermaßen Sender und Empfänger sei, wenn also letztlich jeder Künstler sei. Sie beantworten nicht die Frage, wovon die wirklichen Künstler eigentlich leben sollen.“

Wenn jeder zugleich Sender und Empfänger ist, nennt sich das „Web 2.0“ und ist noch lange keine Demokratie, auch nicht in irgendeiner mir bekannten Positionierung der Piraten. Richtig ist, dass auch die Piraten die eierlegende Wollmilchsau noch nicht gefunden haben. Fakt ist: Die meisten großen Künstler, die es geschafft haben, Geschichte zu schreiben, waren zu ihrer Zeit bitterarm. Der wirtschaftliche Erfolg kam oft erst nach ihrem Tod und bereicherte vor allem die Verwertungsindustrie. Auch heute können nur die wenigsten Künstler von ihrer Kunst leben.

Aber die Frage, wovon die „wirklichen Künstler“ (Was ist eigentlich ein unwirklicher Künstler? Ein Plagiat?) leben sollen, beantwortet das auch das aktuelle Urheberrecht nicht. Ebensowenig wie der Leitfaden der SPD.

„Ohne Urheberrecht hätten wir den Plagiator Guttenberg immer noch als Minister. Guttenberg wurde durch eine Internet-Initiative Guttenplag nachgewiesen, massenhaft gegen das Urheberrecht zu verstoßen, indem er abgeschrieben hat.“

Guttenberg ist nicht über Verstöße gegen das Urheberrecht gestolpert. Ihm wurde zu Recht zum Verhängnis, dass er zitiert hat (was im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit an sich erlaubt und sogar notwendig ist), diese Zitate aber nicht als solche kenntlich gemacht hat. Er hat schlicht und ergreifend nicht wissenschaftlich gearbeitet. Gerade das aber ist Sinn und Zweck einer Doktorarbeit: Der Nachweis der Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten. Keine wissenschaftliche Arbeit – kein Doktortitel. „Kopie“ und „Plagiat“ sind völlig unterschiedliche Dinge.

„Piraten fordern ein Leben, das nichts kostet, sei es mit ihren Forderungen nach bedingungslosem Grundeinkommen, freie Fahrten mit dem ÖPNV oder eben dem kostenlosen Runterladen aller Daten. Sie sagen aber nicht, wer dafür bezahlen soll. Am Ende werden daher die Menschen zahlen, die als Arbeitnehmer und ehrliche Steuerzahler staatliche Leistungen hauptsächlich finanzieren.“

Da ist es wieder, die Chimäre des angeblich kostenlosen Runterladens, die indes auch durch ständiges Wiederholen nicht wahr wird.

Was mich an diesem Argument wirklich zum Schmunzeln bringt: Es stammt aus einem Argue-Liner der SPD, der Partei von Menschen wie Karl Liebknecht und Friedrich Ebert. Und diese SPD propagiert, öffentlicher Personennahverkehr dürfe keinesfalls kostenfrei sein.

Wenn ich in Frankfurt mit „den Öffentlichen“ fahre, sehe ich vorwiegend Menschen auf dem Weg zur Arbeit und zurück. Die „Arbeitnehmer und ehrlichen Steuerzahler“ also sind es, die den ÖPNV vorrangig nutzen. Mein Eindruck ist daher, dass die schon heute die Hauptkosten stemmen. Empfänger von Arbeitslosengeld oder Hartz IV sieht man dort auch, die bezahlen ihre Tickets letztlich von Steuergeldern. Das will wohl auch niemand abschaffen. Wen ich hingegen nicht in der Bahn sehe: Besserverdiener, Menschen also, die es sich leisten können, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Die beteiligen sich derzeit nicht an den Kosten für den ÖPNV und wenn nur über Steuern. Würde der ÖPNV also fahrscheinlos und die Kosten auf alle umgelegt, müssten diese sich an den Kosten des ÖPNV beteiligen, obwohl sie ihn nicht nutzen. Die Stadt Hasselt in Belgien hat das bereits 1997 eingeführt und gute Erfahrungen gemacht (mehr Nutzer, weniger Kosten). Tallin hat es just in den vergangenen Wochen ebenfalls beschlossen.

Zum Thema „bedingungsloses Grundeinkommen“ (das im übrigen nahezu alle Parteien in der einen oder anderen Form schon diskutiert haben) weiter auszuführen, würde den Rahmen sprengen. Wen es interessiert, der lese es nach, einen guten Einstieg biete Wikipedia. Nur soviel: Piraten haben den Wunsch, eine Enquete-Kommission zu beauftragen, die nach Wegen suchen soll, ob und wie dieses realisiert werden kann. Nichts weiter.

Wenn das also alles ist, was die SPD an Argumenten gegen die Positionen der Piraten zum Urheberrecht aufbieten kann, sehe ich uns auf einem guten Weg.

Auf Einladung der Kaufmännischen Schulen durfte ich am 19.04. an einer Podiumsdiskussion zum Thema „SOLLEN SOZIALE NETZWERKE WIE TWITTER UND FACEBOOK STÄRKER GENUTZT WERDEN, UM PARTEIPOLTISCHE UND PARLAMENTARISCHE ENTSCHEIDUNGEN VORZUBEREITEN?“ teilnehmen.
Zunächst diskutierten Daniel Mack (Grüne), Dr. Sascha Rabe (SPD), Dr. Rainer Piesold (FDP) und Dr. Peter Tauber (CDU) nach den Regeln von „Jugend debattiert“ zur Fragestellung und legten ihre teils doch weit auseinander liegenden Positionen dar. Wobei „diskutieren“ nicht ganz richtig ist. Faktisch beschränkte sich das Ganze auf eine reine Meinungsdarstellung, was von der aus Schülern besetzten Jury anschließend auch klar kritisiert wurde. Fairerweise muss man aber auch anmerken, dass sich eine echte Debatte schon deshalb nicht recht entwickeln konnte, weil für die vier Diskutanten nur zwei Mikrofone zur Verfügung standen
Recht schnell kristallisierten sich drei Positionen heraus. Auf der einen Seite standen die Befürworter, die die kommunikativen Möglichkeiten und die damit verbundene Rückmeldung der Menschen hervorhoben (Mack, Dr. Tauber). Dem stand die eher grundlegend ablehnende Haltung gegenüber, wonach komplexe politische Probleme generell nur in persönlichen Gesprächen sinnvoll erörtert werden könnten (Dr. Piesold). Aber auch eine Mittelposition fand sich, die diese Medien akzeptiert, zugleich aber kritisiert, dass deren Nutzung politische Arbeit behindere, wenn mehr Netzkommunikation stattfinde als dass politisch gearbeitet werde (Dr. Rabe).
Im Anschluss an eine kurze Pause sowie die Manöverkritik der Schüler wurde die Diskussion dann ins Auditorium geöffnet, nachdem man noch Daniel Best (Initiator der BI „kein Wortbruch in Hanau“), Dieter Hog (Fraktionsvorsitzender der Hanauer CDU) und mich nach vorne geholt hatte. Es entspann sich eine sehr lebhafte Diskussion mit den Schülern, die vor allem ein Unverständnis der Schüler an der ablehnenden Haltung Dr. Piesolds sozialen Netzwerken gegenüber deutlich machte. Zudem zeigte sich, dass die kommunikativen Möglichkeiten des Web 2.0 auch noch nicht allen Beteiligten bewusst geworden zu sein scheinen, da soziale Netzwerke vielfach nur als einseitige Präsentationsplattform begriffen werden.
Nachhaltig beeindruckt hat mich aber die von Schülern wiederholt geäußerte Kritik an der oft unverständlichen Sprache von Politikern („Die reden, aber ich verstehe trotzdem nicht, was sie sagen!“)
Insgesamt hat die Veranstaltung gezeigt, dass gerade junge Menschen alles andere als politikverdrossen sind. Die Aula der Schule war bis auf den letzten Platz gefüllt, viele aus dem Publikum beteiligten sich aktiv an der Diskussion. Zugleich wurde deutlich, dass es offenkundig ein Kommunikationsproblem gibt. Politiker, die der Bürger nicht versteht, scheitern letztlich an einer ihrer ureigensten Aufgaben: bestehende Probleme sowie Lösungsvorschläge zu vermitteln.
Leider hatte ich den Eindruck, dass dies nicht bei allen Beteiligten wirklich angekommen ist. Möglicherweise ist die Kommunikation in beide Richtungen gestört.